In diesem Abschnitt betrachten wir den wichtigen Begriff der Arbitragefreiheit. Unter Arbitrage
verstehen wir einen risikolosen Gewinn. In einem idealen Finanzmarkt, in dem unter anderem alle Investoren
denselben Informationsstand haben und verzögerungsfrei handeln können, sollte es keine Möglichkeiten
zur Arbitrage geben. Jeder Investor würde andernfalls versuchen, einen risikolosen Gewinn augenblicklich
mitzunehmen. Die dadurch ausgelösten Transaktionen würden ebenfalls augenblicklich die Preise der involvierten
Finanzinstrumente so ändern, dass die Arbitragemöglichkeit sofort verschwindet.
Zusätzlich zur Arbitragefreiheit fordern wir in diesem Kapitel,
dass der Finanzmarkt einigen weiteren idealisierenden Annahmen
genügt, die allerdings in diesem Zusammenhang einen geringeren
Stellenwert haben und nur die Argumentation wesentlich
vereinfachen. Sind diese Annahmen erüllt, sprechen wir von einem
perfekt funktionierenden Finanzmarkt.
ANNAHME (perfekter Finanzmarkt)
Es gibt keine Arbitragemöglichkeiten, keine
Transaktionskosten, keine Steuern und keine Einschränkungen beim
Short-selling. Soll- und Habenzinsen sind gleich, und alle
Wertpapiere sind beliebig teilbar.
Die Annahme eines perfekt funktionierenden Finanzmarktes reicht
allein
schon aus, um den Wert von Terminkontrakten
und wichtige Beziehungen zwischen den
Preisen verschiedener Optionen herzuleiten. Vor
allem ist es nicht nötig, ein mathematisches Modell für den
Kurs des Finanzinstruments, das Gegenstand der Optionen oder
Terminkontrakte ist, zu formulieren. Um den Wert von Optionen zu
bestimmen, genügen rein ökonomische Annahmen allerdings nicht
mehr, sondern es ist eine detailliertere mathematische
Modellierung nötig. Jeder mathematische Ansatz muss sich
allerdings an den in diesem Kapitel hergeleiteten
Arbitragebeziehungen messen lassen: wenn das Modell zu anderen
Ergebnissen bei der Bewertung von Terminkontrakten führt und die
aus ihm abgeleiteten Optionspreise nicht den folgenden Relationen
genügen, dann beruht es auf falschen Voraussetzungen.
Eine wichtige Folgerung aus der Annahme eines perfekten Marktes und dabei vor allem aus der Arbitragefreiheit,
die wir in den folgenden Beweisen immer wieder benutzen, ist die Tatsache, dass zwei Portfolios, die zu einem
bestimmten Zeitpunkt denselben Wert haben, auch zu jedem früheren Zeitpunkt wertgleich sind.
Wegen ihrer Bedeutung stellen wir diese Argumentation hier in ihren Einzelheiten vor.
Wir gehen von zwei Portfolios und , die sich aus beliebigen Anlageformen zusammensetzen, aus. Ihr Wert
zur Zeit bezeichnen wir mit bzw. . Wir nehmen für einen festen Zeitpunkt an, dass
sicher
unabhängig von der Wertentwicklung der einzelnen, in und enthaltenen Anlagen.
Für einen beliebigen früheren Zeitpunkt nehmen wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit an,
dass
. Ein Investor kann zur Zeit ohne Eigenkapitaleinsatz ein kombiniertes Portfolio
aufbauen, indem er eine Einheit aller Anlagen in kauft, eine Einheit aller Anlagen in verkauft (Short-selling)
und den Differenzbetrag
festverzinslich zum Zinssatz anlegt. Das kombinierte
Portfolio hat zur Zeit den Wert
kostet den Investor also nichts. Zur Zeit hat der festverzinsliche Anteil des kombinierten Portfolios den
aufgezinsten Wert
, das Portfolio als Ganzes also sicher den Wert
falls
. Der Investor hat mit dem kombinierten
Portfolio also einen sicheren Gewinn gemacht, ohne ein Risiko
einzugehen. Dies ist ein Widerspruch zur angenommenen
Arbitragefreiheit, und daher muss
gelten, d.h.
.
Diese Argumentation kann nun ausgenutzt werden, um den unbekannten Wert eines Finanzderivats zu bestimmen.
Hierzu wird ein Portfolio zusammengestellt, dass neben Anlagen mit bekanntem Preis auch eine Einheit des
Derivats enthält. Diesem Portfolio wird ein zweites, sogenanntes Duplikationsportfolio
gegenübergestellt, das ausschließlich aus Anlagen mit bekanntem Preis
besteht und so konstruiert worden ist, dass es zu einem festen Zeitpunkt sicher denselben Wert wie hat.
Dann folgt aus der Arbitragefreiheit, dass beide Portfolios zu jedem früheren Zeitpunkt wertgleich sind, und daraus
ergibt sich sofort der Wert des Finanzderivats zu jedem Zeitpunkt . Wir illustrieren diese Vorgehensweise
am Beispiel eines Terminkontrakts.
Satz 4.1
Wir betrachten den Terminkauf eines Objekts, das zur Zeit
den Kurs
hat.
sei der Terminkurs und
der Zeitpunkt der Fälligkeit.
bezeichne den
Wert des Terminkaufs zur Zeit
als Funktion des aktuellen
Kurses
und der verbleibenden Laufzeit
. Wir nehmen an, dass
die Zinsen während der Laufzeit gleich einem konstanten Wert
sind.
- Wirft das zugrundeliegende Objekt während der Restlaufzeit keine Erträge ab und
verursacht es auch keine Kosten, so gilt
|
(4.1) |
Der Forward-Preis ist in diesem Fall
.
- Fallen während der Restlaufzeit durch das Halten des zugrundeliegenden Objektes zu diskreten
Zeitpunkten Erträge oder Kosten an, deren auf den aktuellen Zeitpunkt abgezinster Gesamtwert ist,
so gilt
|
(4.2) |
Der Forward-Preis ist in diesem Fall
.
- Sind mit dem Objekt stetige Bestandshaltekosten mit einer Rate verbunden, so gilt
|
(4.3) |
Der Forward-Preis ist in diesem Fall
.
Beweis:
Wir nennen das zugrundeliegende Objekt der Einfachheit halber eine
Aktie mit diskreten, auf den Zeitpunkt
abgezinsten Dividenden bzw. mit stetigem Dividendenertrag
. Im letzteren Fall sind die stetigen Bestandshaltekosten
der Aktie : der Investor
gewinnt durch Halten der Aktie Dividenden (als negative Kosten)
mit der Rate , verliert aber gleichzeitig Zinsen mit der Rate
, da er sein Kapital in die Aktie anstelle einer
festverzinslichen Anleihe gesteckt hat. Statt Aktien können
genausogut Anleihen, Devisen oder andere einfache Anlageformen
betrachtet werden.
1. Wir betrachten zum Zeitpunkt zwei Portfolios und , die folgendes Aussehen haben:
- Portfolio :
- Terminkauf der Aktie zum Terminkurs , fällig zum Zeitpunkt .
Kauf eines Zerobonds mit Nominalwert , fällig zum Zeitpunkt .
- Portfolio :
- Kauf einer Aktie
Am Ende der Laufzeit zur Zeit wird in Portfolio der Zerobond verkauft. Der Erlös wird benutzt,
um die mit dem Terminkauf eingegangene Verpflichtung zu erfüllen und eine Aktie zum Preis zu kaufen.
Danach enthält Portfolio eine Aktie und hat somit zur Zeit denselben Wert wie Portfolio . Daher gilt
wegen der vorausgesetzten Arbitragefreiheit zum Zeitpunkt ebenfalls Gleichheit, also
|
(4.4) |
da sich durch Abzinsen als Wert des Zerobonds zur Zeit gerade
ergibt. Der Forward-Preis ist nach
Definition die Lösung von
2. Wir betrachten zur Zeit die beiden Portfolios und aus dem ersten Teil des Beweises, ergänzen
aber jetzt um eine Position zu:
- Portfolio :
- Kauf einer Aktie und leihen eines Geldbetrages in Höhe
zum Zinssatz (= Verkauf eines Zerobonds).
Zur Zeit werden in Portfolio die Dividendenerträge der Aktie - im auf die Zeit aufgezinsten Wert von
- genutzt, um die Anleihe zurückzuzahlen. Damit besteht Portfolio wie Portfolio zur Zeit
wieder nur aus einer Aktie, und es ergibt sich wieder Wertgleichheit auch zum Zeitpunkt :
|
(4.5) |
Der Forward-Preis ergibt sich dann wie in Teil 1. aus der
Definition.
3. Besitzt die Aktie eine stetige Dividendenrendite , kann ähnlich argumentiert
werden. Wieder betrachten wir zwei Portfolios und zum Zeitpunkt ,
wobei wie im ersten Teil des Beweises gewählt wird. Portfolio hat folgendes
Aussehen
- Portfolio :
- Kauf von
Aktien .
Wird der Dividendenertrag in Portfolio laufend direkt wieder in die Aktie reinvestiert,
besteht Portfolio auch in diesem Fall zum Zeitpunkt aus genau einer Aktie. Heuristisch sieht
man das folgendermaßen: Im Zeitintervall
wirft für kleines eine Aktie eine Dividende von
approximativ
ab, der aktuelle Bestand von
Aktien also eine
Dividende von
. Dieser Betrag wird in Aktien reinvestiert. Unter der Annahme, dass
sich der Kurs in dem kleinen Zeitintervall
nicht wesentlich ändert, d.h.
,
enthält Portfolio zur Zeit insgesamt
Aktien. Diese Argumentation kann man mit dem Grenzübergang
exakt machen und zeigen,
dass Portfolio zu jedem Zeitpunkt zwischen und genau
, für also eine
Aktie enthält. Die gleiche Argumentation wie im ersten Teil des Beweises liefert dann die Wertgleichheit
der beiden Portfolios und zum Zeitpunkt , also
|
(4.6) |
Mit erhalten wir die gewünschte Form. Der Forward-Preis ergibt sich dann wie in Teil 1. aus der Definition.
Beispiel 4.1
Wir betrachten den Terminkauf einer 5-Jahres Anleihe, die zum Kurs
900 EUR gehandelt wird. Der Terminkurs betrage 910 EUR, die
Laufzeit des Terminkontraktes ein Jahr. Kouponzahlungen in
Höhe von 60 EUR fallen in 6 bzw. 12 Monaten (letztere kurz vor
Fälligkeit des Kontraktes) an. Der stetige Jahreszins für 6
bzw. 12 Monate betrage 9% bzw. 10%. In diesem Fall ist
|
(4.7) |
Der Wert des Terminkaufs ist dann
|
(4.8) |
Der Wert der entsprechenden Short-Position ist dann +35.05. Der
Forward-Preis
beträgt
.
Beispiel 4.2
Wir betrachten den Terminkauf von 1000 Dollar. In diesem Fall liegt ein
stetiger Dividendenertrag
in Höhe des amerikanischen
Zinssatzes vor, wenn der Investor den Dollarbetrag erwirbt und in den USA anlegt.
sei der
inländische Zinssatz. Die Bestandshaltekosten
sind die Differenz zwischen Inlands- und
Auslandszinssatz. Bezeichnet
den Dollarkurs, so ist der Forward-Preis dann
|
(4.9) |
Für
ergibt sich ein Report
(Zinsaufschlag), für
ergibt sich ein
Deport
(Zinsabschlag). Ist
und wählt man den Terminkurs gleich dem aktuellen Kurs, d.h.
, so ist der Wert des Terminkaufs
Der Terminkauf zum Preis
ist also teurer als der sofortige Kauf zum selben Preis, denn er ermöglicht
dem Investor, noch bis zur Zeit
den aktuell höheren Inlandszinssatz auf seine heimische Währung zu
nutzen.
Das folgende Resultat besagt, dass es keinen Unterschied zwischen
Forward- und Future-Kontrakten mit gleichem Terminkurs und
gleicher Laufzeit gibt, wenn der Zinssatz sich über die ganze
Laufzeit hinweg nicht ändert. Wir benutzen dabei, dass nach
Definition von Forward- und Future-Preis ein Terminkauf nichts
kostet, wenn der Terminkurs gleich dem aktuellen Forward- bzw.
Future-Preis gewählt wird.
Satz 4.2
Ist der Zinssatz während der Laufzeit konstant, so stimmen Future- und Forward-Preis miteinander überein.
Beweis:
Wir gehen davon aus, dass der Future-Kontrakt am Tag 0 geschlossen wird und eine
Gesamtlaufzeit von Tagen hat. Wir nehmen an, dass der Gewinn-Verlust-Ausgleich täglich bei einem
Tageszinssatz von erfolgt . bezeichne den Forward-Preis bei Kontraktbeginn, d.h. am Ende des 0-ten Tages, und
sei der Future-Preis am Ende des -ten Tages,
. Unser Ziel ist es, zu zeigen. Dazu
stellen wir wieder zwei Portfolios zusammen:
- Portfolio :
- Kauf von Forward-Kontrakten mit Terminkurs , Laufzeit .
Kauf eines Zerobonds mit Nominalwert
und Fälligkeit in Tagen.
- Portfolio :
- Täglicher Zukauf von Future-Kontrakten mit
jeweiligem Terminkurs und Fälligkeit zur Zeit derart, dass am Ende des -ten Tages genau
Future-Kontrakte im Portfolio enthalten sind (
).
Kauf eines Zerobonds mit Nominalwert
und Fälligkeit in Tagen.
Der Erwerb der Forward- und Future-Kontrakte ist kostenlos, da er
jeweils mit dem Forward- bzw. dem tagesaktuellen Future-Preis als
Terminkurs erfolgt. Der Halter von Portfolio erhält von Tag
auf den Tag durch den Gewinn-Verlust-Ausgleich
je Future-Kontrakt im Portfolio. Dies kann negativ sein,
d.h. er selbst muss zahlen.
Am Ende der Laufzeit, d.h. des -ten Tages, wird in Portfolio
der Ertrag
des Zerobonds benutzt, um den
Terminkontrakt zu erfüllen und Aktien zum Preis von
jeweils zu kaufen. Das Portfolio enthält dann nur noch
diese Aktien und hat den Wert
. Wir zeigen nun, dass
dies auch für Portfolio gilt.
Zu Beginn des Tages sind Futures im Portfolio, und
der Halter erhält durch den Gewinn-Verlust-Ausgleich den Betrag
, der auch negativ sein kann. Während
des Tages stockt er kostenfrei, da mit dem aktuellen Future-Preis
als Terminkurs, sein Portfolio um weitere Futures auf, so dass es
am Tagesende insgesamt
Futures enthält. Der am
Tag eingenommene Betrag hat auf den Fälligkeitstermin
aufgezinst den Wert:
|
(4.10) |
Am Ende der Laufzeit ist der Future-Kontrakt durch den laufenden Gewinn-Verlust-Ausgleich bereits erfüllt
und verursacht keine weiteren Kosten. Die gesamten während der Laufzeit angefallenen Gewinne oder Kosten sind
aufgezinst auf den Tag :
|
(4.11) |
Zusammen mit dem Zerobond hat Portfolio daher zur Zeit den Wert
da am Ende der Laufzeit Future-Preis und aktueller Kurs
offensichtlich zusammenfallen.
Beide Portfolios haben also am Tag denselben Wert und somit
wegen der Arbitragefreiheit auch am Tag 0. Da der
Forward-Kontrakt mit Terminkurs am Tag 0 wegen der
Definition des Forward-Preises den Wert 0 hat, ist der Wert von
Portfolio gleich dem Wert des Zerobonds, d.h. (Nominalwert
abgezinst auf den Tag 0). Entsprechend haben auch
die am Ende von Tag 0 in Portfolio enthaltenen
Futures wegen der Definition des Future-Preises den Wert 0, so
dass auch hier nur der Zerobond zum Portfoliowert beiträgt. Er
hat entsprechend den Wert (
abgezinst auf den
Tag 0). Insgesamt schließen wir .
Wir wollen nun mit ähnlichen Methoden Beziehungen zwischen den Preisen für Optionen
herleiten. Die elementarsten Eigenschaften fassen wir in der folgenden Bemerkung
ohne Beweis zusammen. Dazu benötigen wir den Begriff des inneren Wertes (intrinsic value).
Definition 4.1 (Innerer Wert)
Der
innere Wert einer Kaufoption zum
Zeitpunkt
ist gegeben durch
, der einer
Verkaufsoption durch
. Ist der innere Wert einer
Option positiv, so sagen wir, dass sie
im Geld ist. Ist
, so ist die Option
am Geld;
andernfalls ist die Option
aus dem Geld.
Bemerkung 4.1
Für Optionen gelten folgende elementare Beziehungen.
und
bezeichnen dabei den Wert zur Zeit
eines Calls bzw. Puts mit Ausübungskurs
und Verfallszeitpunkt
, wenn
die Restlaufzeit ist und der Kurs des zugrundeliegenden
Finanzinstruments den Wert
hat:
.
- Optionspreise sind nicht-negativ, da eine Ausübung nur
stattfindet, wenn es im Interesse des Optionshalters liegt. Eine Option gewährt Rechte ohne Pflichten.
- Zum Verfallszeitpunkt besitzen amerikanische und
europäische Optionen den gleichen Wert, da sie dann dem Besitzer identische Rechte einräumen. Zum Verfallszeitpunkt stimmen der Wert der Option und der innere Wert überein:
- Eine amerikanische Option muss mindestens zu ihrem
inneren Wert gehandelt werden, da andernfalls durch Kauf einer Option und augenblickliche Ausübung
Arbitrage möglich wäre. Diese Relation gilt für europäische Optionen im allgemeinen nicht.
Grund hierfür ist, dass eine europäische Option nur indirekt über ein Termingeschäft zum heutigen
Zeitpunkt vorzeitig ausgeübt werden kann. Der hierbei auftretende Abzinsungsfaktor kann den Wert
unter den inneren Wert der Option drücken.
- Der Wert zweier amerikanischer Optionen, die sich nur in
den Laufzeiten unterscheiden (Verfallszeitpunkte
), ist monoton in den Laufzeiten:
Dies folgt - zum Beispiel für Calls - unter Ausnutzung von 2. und 3. aus der zur Zeit
gültigen Ungleichung mit
innerer Wert |
(4.12) |
Wegen der Arbitragefreiheit muss die Ungleichung auch zu jedem Zeitpunkt
gelten. Für europäische Optionen ist diese Aussage im allgemeinen nicht erfüllt.
- Eine amerikanische Option hat mindestens den gleichen
Wert wie die ansonsten identische europäische Option, da die amerikanische Option dem Besitzer mehr Rechte einräumt.
- Der Wert eines Calls ist als Funktion des
Ausübungskurses monoton fallend, da das Kaufrecht umso wertvoller ist, je niedriger der vereinbarte Kaufpreis.
Entsprechend ist der Wert eines Puts als Funktion des Ausübungskurses monoton wachsend:
für
. Dies gilt für amerikanische und europäische Optionen.
Der Wert einer europäischen Kauf- und Verkaufsoption auf das
gleiche Objekt mit gleicher Laufzeit und gleichem Ausübungskurs
sind direkt miteinander verbunden, ohne dass die Annahme eines
detaillierten mathematischen Modells nötig ist.
Satz 4.3 (Put-Call-Parität
für europäische Optionen)
Für den Wert eine europäischen Calls und eines europäischen Puts mit gleichem
Verfallszeitpunkt
, gleichem Ausübungskurs
auf dasselbe zugrundeliegende Finanzinstrument
gelten folgende Aussagen, wobei
den stetigen Zinssatz bezeichnet:
- Fallen während der Restlaufzeit der Optionen Erträge
mit dem auf den Zeitpunkt abgezinsten Gesamtbarwert an, so ist
|
(4.13) |
SFMPutCall.xpl
- Fallen während der Restlaufzeit der Optionen stetige Bestandshaltekosten mit Rate
auf das Objekt an, so ist
|
(4.14) |
Beweis:
Zur Vereinfachung der Sprechweise nehmen wir wieder speziell an,
dass das Objekt eine Aktie ist. Wir betrachten ein Portfolio ,
das nur aus einem Call besteht, und duplizieren es durch ein
geeignetes Portfolio , das unter anderem einen Put enthält.
1. Im Fall diskreter Dividenden betrachten wir folgendes Portfolio zum Zeitpunkt :
- Kaufe den Put.
- Verkaufe einen Zerobond mit Nominalwert , fällig zum Zeitpunkt .
- Kaufe eine Aktie.
- Verkaufe einen Zerobond zum (aktuellen) Wert .
Da das Portfolio eine Aktie enthält, wirft es Dividenden ab, deren Wert abgezinst auf den
Zeitpunkt gerade ist. Diese Erträge werden am Ende der Laufzeit benutzt, um die Anleihe in Position d)
zurückzuzahlen, so dass der Wert dieser Position zu 0 wird. Tabelle 2.1 zeigt nun den Wert
des Portfolios zum Zeitpunkt abhängig davon, ob der Put ausgeübt wird (
) oder nicht.
Tabelle 2.1:
Wert von Portfolio zum Zeitpunkt (Satz 2.3)
|
Wert zum Zeitpunkt |
Position |
|
|
a) |
0 |
|
b) |
|
|
c) |
|
|
d) |
0 |
0 |
Summe |
|
0 |
|
Zur Zeit hat Portfolio damit denselben Wert
wie der Call.
Um Arbitragemöglichkeiten zu verhindern, müssen daher beide Portfolios auch
zum Zeitpunkt denselben Wert haben, d.h. es gilt
|
(4.15) |
2. Für den Fall einer Aktie mit stetiger Dividendenrendite
und entsprechenden Bestandshaltekosten betrachten wir
dasselbe Portfolio wie in Teil 1., jedoch ohne die Position
d). Stattdessen werden in Position c)
Aktien anstelle
von einer Aktie gekauft, deren Dividenden direkt wieder in die
gleiche Aktie reinvestiert werden. Bei negativem werden die
auftretenden Kosten durch Verkäufe des Objektes finanziert.
Hierdurch enthält Portfolio zum Zeitpunkt genau eine
Aktie, und man kann wie in Teil 1. schließen, dass der Wert
des Portfolios zum Zeitpunkt gleich dem Wert des Calls
ist.
Der Beweis der Put-Call-Parität funktioniert nur für
europäische Optionen. Für amerikanische Optionen kann es
vorkommen, dass Put oder Call vorzeitig ausgeübt wird und die
beiden Portfolios gar nicht bis zum Ende der Laufzeit gehalten
werden.
Das folgende Resultat bietet eine Möglichkeit zur Überprüfung der Konsistenz von Optionspreisen
auf dasselbe Objekt. Ist die hier formulierte Konvexität verletzt, ist Arbitrage möglich, wie wir in dem
sich anschließenden Beispiel zeigen.
Satz 4.4
Der Preis einer (amerikanischen oder europäischen) Option ist als Funktion des Ausübungskurses konvex.
Beweis:
Es genügt Calls zu betrachten. Für Puts läuft der Beweis
analog; für europäische Optionen folgt dies direkt aus der
Put-Call-Parität, da dort der explizit von abhängige Term
linear in ist.
Für
und definieren wir
. Wir betrachten ein
Portfolio , das zur Zeit aus einem Call mit
Ausübungskurs und Fälligkeitszeitpunkt
besteht. Wir duplizieren dieses Portfolio durch folgendes
Portfolio zum Zeitpunkt :
- Kaufe Calls mit Ausübungskurs , Fälligkeit .
- Kaufe
Calls mit Ausübungskurs , Fälligkeit .
Liquidieren wir das Portfolio zu einem beliebigen Zeitpunkt
, so lässt sich die Differenz der Werte
der Portfolios und zu diesem Zeitpunkt in der Tabelle 2.2 ablesen.
Tabelle 2.2:
Wertdifferenz der Portfolios und zum Zeitpunkt (Satz 2.4)
|
Wert zum Zeitpunkt |
Position |
|
|
|
|
1. |
0 |
|
|
|
2. |
0 |
0 |
0 |
|
|
0 |
0 |
|
|
Summe |
0 |
|
|
0 |
|
Da in der letzten Zeile der Tabelle jeweils
und
gilt, ist
die Differenz der Werte von Portfolio und Portfolio zum
Zeitpunkt und damit wegen der Arbitragefreiheit auch zum
Zeitpunkt größer gleich Null. Es gilt also mit
|
(4.16) |
Wir haben bereits angemerkt, dass Optionen monotone Funktionen des
Ausübungskurses sind. Der folgende Satz liefert für
europäische Optionen eine schärfere Aussage.
Satz 4.5
Für zwei europäische Calls (bzw. Puts) mit gleichem
Verfallsdatum
und den Ausübungskursen
gilt zur Zeit
:
|
(4.18) |
mit Restlaufzeit
und Zinssatz
bzw.
|
(4.19) |
Sind die Call- bzw. Putwerte als Funktion des Ausübungskurses differenzierbar, folgt durch Grenzübergang
auch
bzw. |
(4.20) |
Beweis:
Wir führen den Beweis für Calls; für Puts ist die Argumentation analog. Hierzu betrachten wir ein Portfolio ,
das nur einen Call mit Ausübungskurs enthält, und vergleichen es mit einem Duplikationsportfolio ,
das zum Zeitpunkt aus den beiden folgenden Positionen besteht:
- Kaufe einen Call mit Ausübungskurs .
- Kaufe einen Zerobond mit Nominalwert
, fällig zum Zeitpunkt .
Die Differenz der Werte der Portfolios und zum Zeitpunkt lässt sich in der Tabelle
2.5 ablesen.
Tabelle:
Wertdifferenz der Portfolios und zum Zeitpunkt (Satz 2.5)
|
Wert zum Zeitpunkt |
Position |
|
|
|
1. |
0 |
0 |
|
2. |
|
|
|
|
0 |
|
|
Summe |
|
|
0 |
|
Der Wert von Portfolio zum Zeitpunkt ist offensichtlich mindestens so groß wie der Wert von
Portfolio . Folglich muss dies wegen der Arbitragefreiheit auch für den Zeitpunkt gelten und wir
schließen: