19.1 Das Grenzverhalten von Maxima

Als erstes betrachten wir das stochastische Verhalten des Maximums
$ M_n = \max (X_1, \ldots, X_n)$ von $ n$ unabhängigen, identisch verteilten Zufallsgrößen $ X_1,\ldots,X_n$ mit Verteilungsfunktion $ F(x)$. Bei Anwendungen im Risikomanagement ist $ X_t = -Z_t$ die negativen Renditen am Tag $ t$. Die Verteilungsfunktion von $ M_n$ ist

$\displaystyle \P(M_n \le x) = \P(X_1 \le x, \ldots, X_n \le x) = \prod_{t=1}^n \P(X_t \le x) = F^ n (x).$ (19.1)

Wir betrachten nur unbeschränkte Zufallsgrößen $ X_t$, d.h. $ F(x) < 1$ für alle $ x < \infty.$ Dann gilt offensichtlich $ F^n(x) \to 0$ für alle $ x$, wenn $ n\to \infty$, und damit $ M_n
\stackrel{P}{\longrightarrow} \infty $. Das Maximum von $ n$ unbeschränkten Zufallsgrößen wächst also über alle Grenzen. Um ein nichtdegeneriertes Grenzverhalten zu bekommen, müssen wir $ M_n$ in geeigneter Weise standardisieren.

Definition 19.1 (Maximumsanziehungsbereich)  
Die Zufallsgrößen $ X_t$ gehören zum Maximumsanziehungsbereich (maximum domain of attraction, MDA) einer nicht-degenerierten Verteilung $ G$, wenn für geeignete Zahlenfolgen $ c_n > 0, d_n $ gilt:

$\displaystyle \frac{M_n - d_n}{c_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G$   für $\displaystyle \, \, n \to \infty,$

d.h. $ F^ n (c_n x + d_n) \to G(x)$ für alle Stetigkeitspunkte $ x$ der Verteilungsfunktion $ G(x)$.

Es stellt sich heraus, dass nur sehr wenige Verteilungen $ G$ als Grenzverteilungen des standardisierten Maximums $ M_n$ in Frage kommen. Diese werden Extremwertverteilungen genannt. Es handelt sich dabei um die folgenden drei Typen von Verteilungsfunktionen:

    Fréchet: $ G_{1,\alpha} (x) = \exp \{ - x^{- \alpha} \},\ x \ge 0\ ,$ für ein $ \alpha > 0 ,$
   
    Gumbel: $ G_0 (x) = \exp \{ - e^ {-x}\},\ x \in
\mathbb{R} ,$
   
    Weibull: $ G_{2,\alpha} (x) = \exp\{ - \vert x\vert^ {-\alpha}
\},\ x \le 0\ ,$ für ein $ \alpha < 0 .$

Abb.: Fréchet (Rot)-, Gumbel (Schwarz)- und Weibull-Verteilungen (Blau). 32521 SFMevt1.xpl
\includegraphics[width=1\defpicwidth]{evt1.ps}

Die Fréchet-Verteilungen sind auf den nichtnegativen Zahlen $ [0,\infty)$ konzentriert, die Weibull-Verteilungen dagegen auf $ (- \infty, 0],$ während Gumbel-verteilte Zufallsgrößen beliebige reelle Werte annehmen können. Abbildung 17.1 zeigt die Wahrscheinlichkeitsdichten der Gumbelverteilung, der Fréchet-Verteilung mit Parameter $ \alpha=2$ und der Weibull-Verteilung mit Parameter $ \alpha=-2$, Wir können alle drei Verteilungstypen in der einheitlichen von Mises-Form darstellen:

Definition 19.2 (Extremwertverteilungen)  
Die allgemeine Extremwertverteilung (GEV = generalized extreme value) mit Formparameter $ \gamma \in
\mathbb{R} $ hat die Verteilungsfunktion:

  $ G_\gamma (x) = \exp \{ - (1+\gamma x)^ {- 1/\gamma} \},\
1 + \gamma x > 0\, $ for $ \gamma \not= 0 $
  $ G_0 (x) = \exp \{ - e^ {-x}\},\ x \in \mathbb{R} $

$ G_0$ ist die Gumbelverteilung, während $ G_\gamma, \gamma \neq 0$ über die folgenden Beziehungen mit den Fréchet- und Weibull-Verteilungen verknüpft sind:

$\displaystyle G_\gamma (\frac{x-1}{\gamma})$ $\displaystyle =$ $\displaystyle G _{1,1/\gamma} (x)\ $   für  $\displaystyle \gamma > 0,$  
$\displaystyle G_\gamma (- \frac{x+1}{\gamma} )$ $\displaystyle =$ $\displaystyle G_{2,- 1/\gamma} (x)$   für $\displaystyle \gamma < 0.$  

Die Definition beschreibt die Standardform der GEV-Verteilungen. Im allgemeinen können wir das Zentrum und die Skala ändern, um andere GEV-Verteilungen zu bekommen: $ G(x) = G_\gamma (\frac{x-\mu}{\sigma}) $ mit dem Formparameter $ \gamma$, dem Lageparameter $ \mu \in \mathbb{R}$ und dem Skalenparameter $ \sigma
> 0.$ Für die asymptotische Theorie spielt dies keine Rolle, da die standardisierenden Folgen $ c_n, d_n$ stets so gewählt werden können, dass die Grenzverteilung $ G$ die Standardform ( $ \mu = 0,
\sigma = 1$) hat. Die entscheidende Aussage über das Grenzverhalten des Maximums $ M_n$ ist das Fisher-Tippett-Theorem:

Satz 19.1  
Wenn es Folgen $ c_n > 0, d_n $ und eine nichtdegenerierte Verteilung $ G$ gibt, so dass

$\displaystyle \frac{M_n - d_n}{c_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G$   für $\displaystyle n \to \infty,$

dann ist $ G$ eine GEV-Verteilung.

Beweis:
Zum besseren Verständnis skizzieren wir die wesentlichen Beweisideen für dieses zentrale Resultat. Sei $ t > 0$, und bezeichne $ [ z ]$ den ganzzahligen Anteil von $ z$. Da $ F^ {[nt]}$ die Verteilungsfunktion von $ M_{[nt]}$ ist, gilt wegen unserer Annahme an das asymptotische Verhalten von $ M_n$ speziell

$\displaystyle F^ {[nt]} ( c_{[nt]} x + d_{[nt]} )
\longrightarrow G(x) \,$    für $\displaystyle \, [nt] \rightarrow
\infty,\ $    d.h.  $\displaystyle n\rightarrow \infty.$

Auf der anderen Seite gilt auch

$\displaystyle F^ {[nt]} (c_n x + d_n) = \{ F^ n (c_n x + d_n) \} ^ {\frac{[nt]}{n}}
\longrightarrow G^ t (x)\ $   für $\displaystyle n\rightarrow \infty.$

Anders ausgedrückt heißt dies

$\displaystyle \frac{M_{[nt]} - d_{[nt]}}{c_{[nt]}} \stackrel{{\cal L}}{\longrig...
...\ \, \quad \frac{M_{[nt]} - d_n}{c_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G^ t$

für $ n\to \infty$. Aufgrund des im Anschluss an die Beweisskizze formulierten Lemmas ist dies nur möglich, wenn

$\displaystyle \frac{c_n}{c_{[nt]}} \longrightarrow b(t) \ge 0,\
\quad \frac{d_n - d_{[nt]}}{c_{[nt]}} \longrightarrow a(t) $

und

$\displaystyle G^ t(x) = G(b(t) x + a(t) ) ,\ t > 0,\ x \in \mathbb{R}.$ (19.2)

Diese Beziehungen gelten für beliebige Werte $ t$. Wir benutzen sie speziell für beliebige $ t, s$ und $ s\cdot t$ und erhalten

$\displaystyle b (st) =b (s)\ b (t),\ a (st) = b (t) a (s)+ a (t).$ (19.3)

Die Funktionalgleichungen (17.2), (17.3) für $ G(x), b (t), a (t)$ besitzen nur eine Lösung, wenn $ G$ eine der Verteilungen $ G_0, G_{1,\alpha}$ oder $ G_{2,\alpha}$ ist, d.h. $ G$ muss eine GEV-Verteilung sein.
$ {\Box}$

Lemma 19.1 (Konvergenztypen-Theorem)  
Seien $ U_1, U_2, \ldots, V, W$ Zufallsvariablen, $ b_n, \beta _n > 0,\
a_n, \alpha_n \in \mathbb{R}.$ Wenn

$\displaystyle \frac{U_n - a_n}{b_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} V$

in Verteilung für $ n\to \infty$, dann gilt:

$\displaystyle \frac{U_n - \alpha_n}{\beta_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} W\ $   genau dann, wenn $\displaystyle \hspace{0.5 cm} \frac{b_n}{\beta_n} \longrightarrow b \ge 0,\
\frac{a_n - \alpha_n}{\beta_n} \longrightarrow a \in \mathbb{R}.
$

In diesem Fall hat $ W$ dieselbe Verteilung wie $ bV+a$.

Wir bemerken, dass die GEV-Verteilungen identisch mit den sogenannten max-stabilen Verteilungen sind, bei denen für alle $ n \ge 1$ das Maximum $ M_n$ von $ n$ u.i.v. Zufallsvariablen $ X_1,\ldots,X_n$ dieselbe Verteilung wie $ c_n X_1 + d_n$ für passend gewählte $ c_n > 0, d_n $ hat.

Abb.: Wahrscheinlichkeitsplot für die Normalverteilung von pseudo Zufallsvariablen mit Extremwertverteilung, und zwar Fréchet (Ober-links), Weibull (Ober-rechts) und Gumbel (Unterteil). 32528 SFMevt2.xpl
\includegraphics[width=0.4\defpicwidth]{evt21.ps} \includegraphics[width=0.4\defpicwidth]{evt22.ps}
\includegraphics[width=0.4\defpicwidth]{evt23.ps}

Abbildung 17.2 zeigt den sogenannten Normalplot, d.h. den Wahrscheinlichkeitsplot (PP-plot) für die Normalverteilung, vgl. Abschnitt 17.2 für den Spezialfall $ F(x)=\Phi(x)$, für auf dem Rechner erzeugte Zufallsgrößen mit einer Gumbel-Verteilung, Fréchet-Verteilung mit Parameter $ \alpha=2$ bzw. Weibull-Verteilung mit Parameter $ \alpha=-2$. Die Unterschiede zu normalverteilten Zufallsgrößen, für die der Normalplot ungefähr eine Gerade zeigt, sind deutlich sichtbar.

Wenn das Maximum von u.i.v. Zufallsgrößen nach geeigneter Standardisierung in Verteilung konvergiert, stellt sich die Frage, welche der drei Typen von GEV-Verteilungen als Grenzverteilung auftritt. Dabei ist entscheidend, wie schnell die Wahrscheinlichkeit für extrem große Beobachtungen oberhalb einer Schwelle $ x$ abklingt, wenn $ x$ wächst. Da diese Überschreitungswahrscheinlichkeiten in der Extremwerttheorie eine wichtige Rolle spielen, führen wir für sie eine eigene Notation ein:

$\displaystyle \overline{F}(x) = \P(X_1 > x) = 1 - F(x).$

Der Zusammenhang zwischen den Überschreitungswahrscheinlichkeiten $ \overline{F}(x)$ und der Verteilung der Maxima $ M_n$ wird durch das folgende Resultat deutlich.

Satz 19.2  
a) Für $ 0 \le \tau \le \infty$ und jede Folge reeller Zahlen $ u_n, n \ge 1,$ gilt für $ n\to \infty$

$\displaystyle n\overline{F} (u_n) \to \tau \, \; \;$   genau dann, wenn  $\displaystyle \; \; \P(M_n
\le u_n) \to e^ {- \tau}. $

b) $ F$ gehört genau dann zum Maximumsanziehungsbereich der GEV-Verteilung $ G$ mit den standardisierenden Folgen $ c_n, d_n$, wenn für $ n\to \infty$

$\displaystyle n \overline{F} (c_n x + d_n) \to - \log G(x)$   für alle $\displaystyle \, x \in \mathbb{R}. $

Die Überschreitungswahrscheinlichkeiten der Fréchet-Verteilung $ G_{1,\alpha}$ verhalten sich für $ x \to
\infty$ wie $ 1/x^\alpha$, da die Exponentialfunktion um 0 herum approximativ linear ist, d.h.

$\displaystyle \overline{G}_{1,\alpha}(x) = \frac{1}{x^ \alpha} \{1 + {\scriptstyle \mathcal{O}}(1) \}$   für$\displaystyle \quad x \to \infty.$

Im wesentlichen zeigen alle Verteilungen, die zum Maximumsanziehungsbereich dieser Fréchet-Verteilung gehören, das gleiche Verhalten; $ x^\alpha \overline{F}(x)$ ist für $ x \to
\infty$ beinahe konstant, d.h. genauer: eine langsam variierende Funktion.

Definition 19.3  
Eine positive messbare Funktion $ L$ auf $ (0,\infty)$ heißt langsam variierend, wenn für alle $ t > 0$

$\displaystyle \frac{L(tx)}{L(x)} \to 1$   für$\displaystyle \quad x \to \infty.$

Typische langsam variierende Funktionen sind neben den Konstanten solche mit logarithmischem Wachstum, zum Beispiel $ L(x)=\log(1+x),
x>0$.

Satz 19.3  
$ F$ gehört genau dann zum Maximumsanziehungsbereich der Fréchet-Verteilung $ G_{1,\alpha}$ für ein $ \alpha>0$, wenn $ x^ \alpha \overline{F}(x) = L(x)$ eine langsam variierende Funktion ist. Die Zufallsgrößen $ X_t$ mit der Verteilungsfunktion $ F$ sind unbeschränkt, d.h. $ F(x) < 1$ für alle $ x < \infty,$ und es gilt

$\displaystyle \frac{M_n}{c_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G_{1,\alpha} $

mit $ c_n = F^{-1}(1 - \frac{1}{n}).$

Für die Beschreibung der standardisierenden Folge $ c_n$ haben wir die im folgenden eingeführte Notation benutzt. $ c_n$ ist ein extremes Quantil der Verteilung $ F$, und es gilt $ \overline{F}(c_n) = \P(X_t > c_n) = 1/n.$

Definition 19.4 (Quantilenfunktion)  
Ist $ F$ eine Verteilungsfunktion, so nennen wir die verallgemeinerte Inverse

$\displaystyle F^{-1}(\gamma) = \inf \{ x \in \mathbb{R};\ F(x) \ge \gamma \},\ \, 0 < \gamma < 1, $

die Quantilenfunktion. Es gilt dann $ \P( X_1 \le F^{-1}(\gamma ) )=\gamma $, d.h. $ F^{-1}(\gamma )$ ist das $ \gamma$-Quantil der Verteilung $ F$. Wenn $ F$ streng monoton wächst und stetig ist, dann ist $ F^{-1}$ die übliche Inverse von $ F$.

Es gibt ein entsprechendes Kriterium für Weibull-Verteilungen, das durch Ausnutzung der Beziehung $ G_{2,\alpha} (- x^{-1}) =
G_{1,\alpha} (x),\ x > 0,$ gezeigt werden kann. Zufallsgrößen, deren Maxima im Grenzfall Weibull-verteilt sind, sind allerdings auf jeden Fall beschränkt, d.h. es gibt eine Konstante $ c <
\infty$, so dass $ X_t \le c$ mit Wahrscheinlichkeit 1. Daher sind sie für Finanzanwendungen nur in speziellen Situationen interessant, wo z.B. durch eine Art Rückversicherungsstrategie der Verlust, der aus einer Investition entstehen kann, begrenzt worden ist. Um regelmäßige Fallunterscheidungen zu vermeiden, diskutieren wir im folgenden meist nur den Fall, dass die Verluste unbeschränkt sind. Der Fall von Verlusten, die eine bekannte Schranke nicht überschreiten können, kann in ähnlicher Weise behandelt werden.

Die Fréchet-Verteilungen treten als Grenzverteilungen der Maxima von Zufallsgrößen auf, für die die Wahrscheinlichkeit von großen Werten oberhalb von $ x$ nur langsam mit $ x$ abfällt, während nur beschränkte Zufallsgrößen zum Maximumsanziehungsbereich von Weibull-Verteilungen gehören. Viele bekannte Verteilungen wie die Exponential- oder Normalverteilung gehören weder zu der einen noch zu der anderen Gruppe. Es liegt die Vermutung nahe, dass in diesen Fällen die Verteilung der geeignet standardisierten Maxima gegen die Gumbel-Verteilung konvergiert. Die allgemeinen Bedingungen hierfür sind allerdings komplizierter und schwerer überprüfbar als für die Fréchet-Verteilungen.

Satz 19.4  
Die Verteilungsfunktion $ F$ unbeschränkter Zufallsgrößen $ X_t$ gehört genau dann zum Maximumsanziehungsbereich der Gumbel-Verteilung, wenn messbare Skalierungsfunktionen $ c(x), g(x)
> 0$ sowie eine absolut stetige Funktion $ e(x) > 0$ existieren mit $ c(x) \to c > 0, \ g(x)
\to 1, e'(x) \to 0$ für $ x \to
\infty$ so dass für ein $ z <
\infty$:

$\displaystyle \overline{F}(x) = c(x) \exp \{ - \int^ x_z \, \frac{g(y)}{e(y)} dy
\},\ z < x < \infty. $

In diesem Fall gilt

$\displaystyle \frac{M_n-d_n}{c_n} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G_0 $

mit $ d_n = F^{-1}(1- \frac{1}{n})$ und $ c_n = e(d_n).$

Als Funktion $ e(x)$ kann die mittlere Exzess-Funktion

$\displaystyle e(x) = \frac{1}{\overline{F}(x)} \int^ {\infty}_x \overline{F} (y) \, dy,\ \, x < \infty, $

gewählt werden, die im folgenden noch eingehender betrachtet wird.

Die Exponentialverteilung mit Parameter $ \lambda$ hat die Verteilungsfunktion
$ F(x)=1-e^{-\lambda x}, x \ge 0,$ so dass $ \overline{F} (x) = e^{-\lambda x}$ die Bedingungen des Satzes mit $ c(x)= 1,\ g(x) = 1,\ z = 0$ und $ e(x) = 1 / \lambda$ erfüllt. Das Maximum $ M_n$ von $ n$ unabhängigen exponentiell verteilten Zufallsgrößen mit Parameter $ \lambda$ konvergiert daher in Verteilung gegen die Gumbel-Verteilung:

$\displaystyle \lambda (M_n - \frac{1}{\lambda} \ \log \ n) \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G_0$   für$\displaystyle \quad n \to \infty.$

Im allgemeinen sind die Bedingungen aber nicht so leicht zu überprüfen. Es gibt allerdings einfachere hinreichende Kriterien, mit denen sich zum Beispiel zeigen lässt, dass auch die Normalverteilung zum Maximumsanziehungsbereich der Gumbel-Verteilung gehört. Ist zum Beispiel $ M_n$ das Maximum von $ n$ unabhängigen standardnormalverteilten Zufallsgrößen, so gilt

    $\displaystyle \sqrt{2\ \log \ n} (M_n - d_n) \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow} G_0$   für$\displaystyle \quad n\rightarrow\infty$  
mit$\displaystyle \quad$   $\displaystyle d_n = \sqrt{2 \ \log \ n} - \frac{ \log \log \
n + \log (4\pi)}{ 2 \sqrt{2 \ \log \ n}}.$  

32540 SFMevtex1.xpl

Zu den Verteilungen im Maximumsanziehungsbereich der Fréchet-Verteilung $ G_{1,\alpha}$ gehört insbesondere die Pareto-Verteilung mit Verteilungsfunktion

$\displaystyle W_{1,\alpha}(x)=1-\frac{1}{x^\alpha}, x \ge 1, \alpha > 0,$

sowie alle anderen Verteilungen mit Paretoflanken, d.h. mit

$\displaystyle \overline{F}(x) = \frac{\kappa}{x^ \alpha} \{ 1 + {\scriptstyle \mathcal{O}}(1) \} \; \; \;$   für$\displaystyle \; \; \; x \to \infty.$

Da hier $ \overline{F}^{-1}(\gamma)$ für $ \gamma \approx 1$ sich wie $ (\kappa/\gamma)^{1/\alpha}$ verhält, stimmt $ c_n$ für $ n\to \infty$ mit $ (\kappa n)^ {1/\alpha}$ überein, und

$\displaystyle \frac{M_n}{(\kappa n)^ {1/\alpha}} \stackrel{{\cal L}}{\longrightarrow}
G_{1,\alpha}$   für $\displaystyle \, n \to \infty.$

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Grenzverhalten der Maxima von Zufallsgrößen und der Verteilung der entsprechenden Exzesse, die die Grundlage eines wichtigen Schätzverfahrens in der Extremwertstatistik bilden und im nächsten Abschnitt definiert werden. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Überschreitungen der Beobachtungen über einen vorgegebenen Schwellenwert $ u$. Ihre Verteilung $ F_u$ wird folgendermaßen definiert:

Definition 19.5 (Exzessverteilung)  
Sei $ u$ ein beliebiger Schwellenwert und $ F$ die Verteilungsfunktion einer unbeschränkten Zufallsgröße $ X$.
a)
$ F_u (x) = \P\{ X - u \le x \ \vert \ X> u\} =
\{F(u+x) - F(u)\}/\overline{F} (u),\ 0 \le x < \infty$ heißt die Exzess-Verteilungsfunktion über dem Schwellenwert $ u$.
b)
$ e(u) = \mathop{\text{\rm\sf E}}\{ X-u \ \vert \ X> u\},\ \, 0 < u < \infty$, ist die mittlere Exzess-Funktion.

    
Mit partieller Integration folgt, dass diese Definition der mittleren Exzess-Funktion mit der in Anschluss an Satz 17.4 gegebenen übereinstimmt:

$\displaystyle e(u) = \int^ {\infty}_u \frac{\overline{F}(y)}{\overline{F}(u)} dy.$

Ist $ \Delta_u$ eine Zufallsgröße mit der Verteilungsfunktion $ F_u, $ dann ist ihr Erwartungswert $ \mathop{\text{\rm\sf E}}\Delta_u = e(u).$

Satz 19.5  
$ X$ sei eine positive, unbeschränkte Zufallsgröße mit absolut stetiger Verteilungsfunktion $ F$.
a) Die mittlere Exzess-Funktion $ e(u)$ bestimmt $ F$ eindeutig:

$\displaystyle \overline{F} (x) = \frac{e(0)}{e(x)} \exp \{ - \int^ x_0
\frac{1}{e(u)} du \},\ \, x > 0. $

b) Wenn $ F$ im Maximumsanziehungsbereich der Fréchet-Verteilung $ G_{1,\alpha}$ liegt, so ist $ e(u)$ für $ u \to \infty$ näherungsweise linear: $ e(u) = \frac{1}{\alpha -1} \ u \{ 1 + {\scriptstyle \mathcal{O}}(1) \}.$

Definition 19.6 (Pareto-Verteilungen)  
Die allgemeine Pareto-Verteilung (GP = generalized Pareto) mit den Parametern $ \beta > 0,\
\gamma $ besitzt die Verteilungsfunktion

$\displaystyle W_{\gamma, \beta} (x) = 1 - (1+ \frac{\gamma x}{\beta} )^ {-\frac{1}{\gamma}} \,
\; \; \;$   für$\displaystyle \, \, \; \; \left\{ \begin{array}{lll} x \ge
0 & \text{\rm wenn} ...
...\le \frac{- \beta}{\gamma} & \text{\rm wenn} & \gamma < 0,
\end{array} \right. $

und

$\displaystyle W_{0,\beta } (x) = 1 - e^ {-\frac{1}{\beta} x},\ x \ge 0. $

$ W_\gamma (x) = W_{\gamma, 1} (x) $ heißen allgemeine Standard-Pareto-Verteilungen oder standardisierte GP-Verteilungen.

Abb.: Standard-Pareto-Verteilungen ($ \beta=1$) mit den Parametern $ \gamma = 0.5$ (Rot), 0 (Schwarz) und $ -0.5$ (Blau). 32557 SFMgpdist.xpl
\includegraphics[width=1\defpicwidth]{gpdist.ps}

Abbildung 17.3 zeigt die allgemeinen Standard-Pareto-Verteilungen mit den Parametern $ \gamma = 0.5, 0$ und $ -0.5$.

Für $ \gamma = 0$ ist die standardisierte GP-Verteilung eine Exponentialverteilung mit Parameter $ 1.$ Für $ \gamma>0$ ist sie eine Pareto-Verteilung $ W_{1,\alpha}$ mit dem Parameter $ \alpha = 1/\gamma$. Für $ \gamma < 0$ heißt die GP-Verteilung auch eine Beta-Verteilung und hat die Verteilungsfunktion $ W_{2,\alpha}=1-(-x)^{-\alpha}, -1 \le x \le
0, \alpha<0$.

Satz 19.6  
Die Verteilung $ F$ liegt genau dann im MDA der GEV-Verteilung $ G_\gamma$ mit dem Formparameter $ \gamma \ge 0$, wenn für eine messbare Funktion $ \beta (u) > 0$ und die allgemeine Pareto-Verteilung $ W_{\gamma, \beta}$ gilt:

$\displaystyle \sup _{x \ge 0} \vert F_u (x) - W_{\gamma, \beta (u)} (x) \vert
\to 0 \,$   für $\displaystyle \, u \to \infty. $

Ein entsprechendes Resultat gilt auch für den Fall $ \gamma < 0$, wobei das Supremum über diejenigen $ x$ genommen werden muss, für die $ 0 < W_{\gamma, \beta (u)} (x) < 1$.

Für die allgemeine Pareto-Verteilung $ F = W_{\gamma, \beta}$ gilt schon für jeden endlichen Schwellenwert $ u > 0$

$\displaystyle F_u (x) = W_{\gamma, \beta + \gamma u} (x)$   für$\displaystyle \quad
\left\{ \begin{array}{lll} x \ge 0 & \text{\rm falls} & \ga...
... \frac{\beta}{\gamma} - u & \text{\rm falls} & \gamma < 0,
\end{array} \right. $

In diesem Fall ist also $ \beta (u) = \beta + \gamma \, u $.