Der Value-at-Risk, den wir bereits in den vorhergehenden Kapiteln betrachtet haben, ist nicht das einzige Maß, mit dem sich Marktrisiken quantifizieren lassen. In diesem Abschnitt betrachten wir zusätzlich eine Alternative und einige prinzipielle Forderungen an Risikomaße. Außerdem diskutieren wir Schätzer für diese Maße für den Fall, dass mit extrem hohen Verlusten zu rechnen ist.
a) Der Value-at-Risk (VaR) ist das -Quantil
(A1) f.s. | (Monotonie) |
(A2) | (Subadditivität) |
(A3) für | (positive Homogeneität) |
(A4) | (Translationequivarianz) |
Der VaR verletzt in gewissen Situationen Bedingung (A2). seien z.B. u.i.v., und beide nehmen nur die beiden Werte 0 oder 100 an mit den Wahrscheinlichkeiten und Dann nimmt die Werte 0, 100 und 200 an mit , und Für und , z.B. für , gilt daher
Der erwartete Shortfall ist dagegen ein kohärentes Risikomaß, das immer alle vier Bedingungen erfüllt. Er liefert auch intuitiv mehr Einsicht in das tatsächliche Risiko extremer Verluste als der Value-at-Risk. Der VaR hängt nur von der Häufigkeit von Verlusten oberhalb des -Quantils ab, sagt aber nichts darüber aus, ob diese Verluste die Schwelle stets nur geringfügig überschreitet oder ob auch mit Verlusten, die viel größer als sind, gerechnet werden muss. Der erwartete Shortfall ist dagegen der Erwartungswert der Verluste jenseits von und hängt von deren tatsächlichen Größe ab.
Der Value-at-Risk ist einfach ein Quantil und kann zum Beispiel als Stichprobenquantil geschätzt werden, wobei die empirische Verteilungsfunktion einer Stichprobe von negativen Erträgen, d.h. Verlusten, aus der Vergangenheit ist. Wie zu Beginn dieses Kapitels diskutiert, ist dieser Schätzer für , also gerade für die typischen VaR-Niveaus 0.95 und 0.99, oft zu optimistisch. Alternative VaR-Schätzer, die die Möglichkeit extremer Verluste besser berücksichtigen, sind der POT- oder der Hill-Quantilenschätzer.
Analoge Schätzer für den erwarteten Shortfall lassen sich leicht herleiten. Dieses Risikomaß hängt eng mit der mittleren Exzessfunktion an der Stelle zusammen, wie sofort aus den Definitionen folgt: